Bücher und Zeitschriften – Rezensionen
Rezensionen zum Thema: Indianer Perus
Veröffentlicht
in der Zeitschrift Amerindian Research 2023-04:
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Werner
Rutishauser (Hrsg.): |
Im
Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen läuft seit dem 30. September und
voraussichtlich noch bis zum 28. April 2024 die Ausstellung: "Moche. 1000 Jahre vor den Inka". Der Hirmer Verlag
aus München gibt aus diesem Anlass einen Katalog heraus, der einen
wunderbaren Einblick in die Geschichte einer der bekanntesten
altamerikanischen Kulturen gibt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ausstellungen
zeigt das Museum nicht ein "best of" der Moche-Kultur,
sondern beschränkt sich auf die eigene Sammlung. Und diese ist höchst
interessant. Denn das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen hat seit 1991
die private Sammlung von Dr. Marcel Ebnöther (1920–2008) in seinem Bestand.
Diese Sammlung umfasst unter anderem etwa 1450 Objekte, die aus Peru stammen.
Davon lassen sich 208 Objekte der Moche-Kultur
zuordnen. Diese werden nun erstmals gemeinsam in einer Ausstellung der
Öffentlichkeit präsentiert. Über
die Entstehung der Sammlung und über den Sammler schreibt der Herausgeber des
Bandes und Kurator des Museums, Werner Rutishauser. Doris Kurella (Stuttgart)
steuert den einleitenden Text über die Moche-Kultur
bei. Weitere
internationale Experten haben sich eingehend mit den einzelnen Exponaten
befasst und stellen diese einzeln vor. Geordnet nach ikonografischen und
funktionalen Kriterien, die auf die Sammlungsinteressen des Sammlers
zurückgehen, wird jedes Objekt mit mindestens einem Bild vorgestellt. Die
erläuternden Texte erzählen die Geschichte zu diesem Objekt, vermitteln Maße,
Hinweise zum Zustand (einige der Objekte sind beispielsweise restauriert
worden) oder zur Literatur. Dabei gelingt es den einzelnen Autorinnen und
Autoren, anhand dieser sehr kurzen Texte die Moche-Kultur
für den Leser erlebbar werden zu lassen. Die
Moche sind für ihre figürliche und bemalte Keramik
bekannt. Die Zeichnungen auf den kugelförmigen Gabelhalsflaschen werden
abgerollt, also plan dargestellt. So ist der Betrachter in der Lage, das
gesamte Bild auf der Keramik im Überblick zu erfassen, was ja in der Praxis,
wo das Bild rundherum um das Gefäß verläuft und kein Ende und keinen Anfang
hat, nicht möglich ist. Sieht man die Keramiken im Original in der Vitrine,
kann man vielleicht noch um diese herumlaufen, sofern sie frei im Raum steht,
aber die Abrollung der Zeichnungen ermöglicht die genaue Betrachtung. Dabei
musste jede Autorin, jeder Autor festlegen, wo denn bei den umlaufenden
Bildern der "Anfang" und das "Ende" sind. Die
Schwierigkeit dieser Entscheidung wird im Katalog auch erläutert. Bewusst
verzichtet man im Katalog auf die Angabe von Jahreszahlen für das Alter der
einzelnen Objekte, beschränkt sich auf die Angaben der einzelnen Phasen der
Kultur. Das ist eine gute Entscheidung, denn selbst die
Thermolumineszenz-Datierung hat nicht bei allen Keramiken die notwendige
Sicherheit für die Datierung gegeben. Die
Sammlung enthält zahlreiche Porträtgefäße, die für die Moche-Kultur
typisch sind. Sämtliche bei wissenschaftlichen Grabungen entdeckte
Porträtgefäße stammen aus den Grabstätten der sogenannten Oberschicht. Es
gibt keine Hinweise darauf, dass der Verstorbene auf diesen Gefäßen
abgebildet ist, denn häufig fand man auch in den Gräbern von Frauen
Porträtgefäße mit Männerdarstellungen. Diese Sichtweise wird unter den
Forschern durchaus kontrovers diskutiert, jedoch halten sich die Autoren des
Kataloges hier einmütig an den US-amerikanischen Archäologen Christopher B. Donnan. Anhand
einiger Objekte gehen die Autoren auch auf die Mittlergottheit Ai-Apec ein. Dank zahlreicher Ausgrabungen in den letzten
Jahrzehnten und der internationalen Kooperation ist man in den vergangenen
Jahren bei der Erforschung der Moche schon weit
vorangekommen. Viele Mythen und Unklarheiten können inzwischen erklärt
werden. Der vorliegende Katalog ist auf dem aktuellen Stand der
wissenschaftlichen Forschung und präsentiert den Lesern einen hervorragenden
Überblick über die gesamte Moche-Kultur, verbunden
mit der Darstellung von Artefakten, die nach langen Jahren unter der Erde und
im Museum erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen sind, jedoch den Eindruck
erwecken, als wären sie gerade aus der Werkstatt gekommen. Die Vielfalt und
die Qualität der immerhin mehr als 1500 Jahre alten Objekte ist
beeindruckend. Dem Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen ist mit dieser
Exposition und dem dazugehörigen Katalog ein großer Wurf gelungen. (Rezension
von Mario Koch) |
Bitte informieren Sie
sich unter www.indianerkulturen.de im
Bereich "BÜCHER UND ZEITSCHRIFTEN"
oder auf der Seite www.amerindianresearch.de über
die deutschsprachige Quartalszeitschrift
"AMERINDIAN RESEARCH
– Zeitschrift für indianische Kulturen von Alaska bis Feuerland"