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Bücher und ZeitschriftenRezensionen

 


Rezensionen zum Thema: Maya

 

Veröffentlicht in der Zeitschrift Amerindian Research 2023-04:

 

Oswaldo Chinchilla Mazariegos, James A. Doyle, Joanne Pillsbury (Eds.):
Lives of the Gods: Divinity in Maya Art.
The Metropolitan Museum of Art, New York,
distributed by Yale University Press, 2022.
244 Seiten; zahlreiche farbige Abbildungen; ca. € 49,00.
ISBN 978-1-58839-731-7 (in englischer Sprache)

 

Der vorliegende, reich bebilderte Katalog als Begleitbuch zu einer Ausstellung in New York ist für Interessenten der Maya-Kultur vielleicht eine der interessantesten Publikationen der letzten Jahre. Ausgestattet mit zahlreichen Abbildungen erläutern sachlich geschriebene Texte, wie man sich die "Zuständigkeiten" innerhalb der Götterwelt der Maya vorstellen muss und wie die Kunst der Maya in Form von Malerei, Relief und Skulptur die jeweils charakteristischen Merkmale der verschiedenen Göttergestalten herausarbeitet.

Längst ist bekannt, dass Begriffe wie "Regengott" oder "Sonnengott" viel zu kurz greifen und den vielfältigen Eigenschaften und Aufgaben der jeweiligen Gottheit in keiner Weise gerecht werden. So ist das Buch auch nicht in lexikalischer Weise, sondern eher in Themenkomplexen angelegt.

Zu Anfang stehen allgemeine Betrachtungen zur Verflechtung menschlicher Aktivitäten mit jenen von Gottheiten: Herrscher, deren bildliche Darstellung symbolisch mit göttlichen Attributen versehen ist, und Göttergestalten, die offensichtlich einen Einfluss auf bestimmte Personen aus- üben. Hier findet sich auch ein vergleichender kurzer Blick nach außerhalb Amerikas, z. B. in Richtung des alten Ägypten.

Es folgt ein weiterer Überblick über kosmische und weltanschauliche Fragen, die in der Kunst ihre Widerspiegelung finden: Verschiedene "Schöpfungs"-Phasen von Welt und Menschen, Anspielungen auf mythische Ereignisse, wie sie im Popol Wuj geschildert werden, die symbolische Bedeutung bestimmter Vögel oder anderer Tiere, z. B. von Kaninchen, in Verbindung mit Menschendarstellungen. Dieser einführende Teil ist insofern anspruchsvoll zu lesen, als uns das religiöse Wissen und dessen über viele Jahrhunderte erfolgte Entwicklung nur insofern bekannt ist, als es sich aus den erhaltenen Versatzstücken künstlerischer Darstellung schlussfolgern lässt.

Im nächsten Kapitel wird der Dualismus von Tag und Nacht, von Licht und Dunkelheit, Sonne und Mond betrachtet. Mit Hilfe anschaulicher Beispielfotos wird der Leser in die Problematik eingeführt und erhält Zusammenhänge vermittelt. Was bedeuten Himmelsbänder oder Darstellungen von Krokodilen, Affen oder Kaninchen? Wie erkennt man jene Instanz, die sich in der Literatur vereinfacht als Sonnengottheit wiederfindet?

Im Kapitel "Regen, Blitz" werden die komplexen Funktionen des Regengottes (Chaahk) erklärt, naheliegende Querverbindungen zum "Maisgott" bis hin zu seiner Bedeutung als einer Schöpfergottheit. Durch seine Zuständigkeit für die Bewässerung der Felder mit Regen spielte er naturgemäß eine wichtige Rolle für die Maya und steht auch in enger Verbindung zu einer überirdischen Instanz namens K'awiil, einer Blitzgottheit, die in der klassischen Periode der Maya-Kultur gern von den Herrschern als eine Art persönliche Schutzgottheit vereinnahmt wurde. Hintergrund hierfür mochte die unverkennbar gewaltige Kraft von Blitzen sein, mit der sich die Herrscher gern vergleichen wollten. Hier finden sich im Buch auch vortreffliche Abbildungen sogenannter "exzentrischer Feuersteine", überaus kunstfertig gearbeiteter Objekte aus Feuerstein.

Es folgt ein Kapitel, welches die Entwicklung der Maisgottheit und damit verbundene Aspekte der Wiedergeburt behandelt. Schließlich liest man Betrachtungen zur Göttlichkeit bestimmter Menschen (männlicher und weiblicher Herrschergestalten) und ihrer Schutzgottheiten. Dieser Abschnitt ist recht umfangreich und aufschlussreich, da viele Beispiele anhand von Reliefs und Stelen erläutert werden.

Das Buch ist keine einfache Lektüre und verlangt dem Interessenten ein konzentriertes Lesen und vielleicht auch einige Vorkenntnisse ab, aber der Stil ist sachlich und gut verständlich, die Auswahl der Illustrationen ausgezeichnet. (Rezension von Rudolf Oeser)

 

Traci Ardren:
Everyday Life in the Classic Maya World.
Cambridge u. a.: Cambridge University Press, 2023.
174 Seiten; 1 sw-Abbildungen; ca. € 29,00.
ISBN 978-1-107-68291-7 (in englischer Sprache)

 

Traci Ardren ist Professorin für Anthropologie an der Universität von Miami, war an der archäologischen Erforschung der Maya-Kultur beteiligt und hat bereits mehrere Fachbücher über diesen Themenkreis geschrieben.

Sie versucht in diesem Buch, die archäologisch und historisch erforschten Zusammenhänge auf eine konkrete Lebenswelt zu projizieren: Wie haben die Menschen gelebt und gearbeitet? Der Fokus ist hierbei auf die sogenannte klassische Periode der Maya-Kultur (ca. 200–800 u. Z.) gerichtet, doch versteht es die Autorin, den gesamten Zeitlauf bis in die Gegenwart in die Betrachtung einzubeziehen. Ihr Schreibstil ist gleichermaßen sachlich wie anschaulich.

Am Beispiel fiktiver Personen vorzugsweise der "einfachen" Bevölkerung dargestellt, entwirft sie ein Bild vom täglichen Leben jener Menschen: Was haben sie gegessen, wie muss man sich den Tagesablauf und die familiäre Arbeitsteilung der bäuerlichen Bevölkerung vorstellen? Wie hat man gewohnt und welche Unterschiede gab es zu jenen Bevölkerungsschichten, die wohlhabender oder adlig waren? Wie waren die Menschen in die gesellschaftlichen Konflikte zwischen den einzelnen Stadtstaaten eingebunden?

Freilich stellt sich die Frage, an welchen Personenkreis sich das Buch eigentlich richtet. Den Fachwissenschaftler dürfte die Verwendung fiktiver Personennamen wahrscheinlich irritieren, für den "Einsteiger" ist es vielleicht zu komprimiert sachlich und angesichts der zurückhaltenden Illustrierung mit Schwarzweiß-Abbildungen optisch nicht sonderlich attraktiv. Handelt es sich um eine Art "Pflichtlektüre" für studentische Seminare der Autorin?

Natürlich lässt es sich bei einer Studie, welche die konkreten Lebensumstände der Menschen in den Mittelpunkt stellt, nicht vermeiden, dass auch Sachverhalte geschildert werden, die vielleicht einer Hinterfragung bedürfen. So die Bemerkung (S. 24), die Holzhütten der einfachen Bevölkerung seien vielleicht angenehmer und trockener gewesen als die Steingebäude, in welchen die Oberschicht (oftmals) lebte. Aber warum sollten die Steingebäude sonderlich feucht gewesen sein? Die Autorin weiß doch, dass der tropische Regenwald, in welchen man die klassische Mayakultur im populären Verständnis gern versetzt, im Grunde erst später entstanden ist.

An anderer Stelle (S. 99) heißt es, dass jedermann in der Stadt eingeladen war, an der Einweihung einer neuen Stele teilzuhaben. Dieser Gedanke liegt durchaus nahe, aber wir wissen es nicht, zumal mancherorts die Stelen in einem Bereich aufgestellt wurden, der für größere Menschenmengen zu eng und für den unbefugten Zutritt sicherlich gesperrt war. Das wäre zu diskutieren, aber eine Nachweisführung dürfte schwierig sein.

So lässt sich das Buch einerseits gut lesen, andererseits ist ein kritischer Blick darauf durchaus angeraten. Das Buch ist mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis und einem Stichwort-Index versehen. (Rezension von Rudolf Oeser)

 

 

 

 


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