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Bücher und Zeitschriften

 


"Meine" Bücher:

Rudolf Oeser:
Die Arapaho-Indianer. Bisonjäger der Plains.

BoD – Books on Demand, Norderstedt, 2022.
240 S., zahlreiche Abbildungen und Übersichtskarten
ISBN 978-3-7568-1751-1 Ladenpreis: 22,00 €

 

Klappentext: Die Arapaho sind eine jener nordamerikanischen Ethnien der High Plains, deren Lebensweise von der Bisonjagd bestimmt war, als sie um 1800 erstmals mit den Europäern in Kontakt kamen. Die populärwissenschaftliche Literatur hat die Arapaho jedoch weitgehend ignoriert und ins Dunkle versetzt. Selten werden sie als eigenständige Ethnie berücksichtigt und meist nur im Dreigespann der "Lakota, Cheyenne und Arapaho" erwähnt. Das trifft zumindest auf die deutschsprachige Literatur über die Ureinwohner Nordamerikas zu, während einige englischsprachige Werke die durchaus bemerkenswerten Seiten ihrer Kultur und Geschichte zeigen, denn die Arapaho gehörten zu den ersten Stämmen, die als Bisonjäger in die Plains übersiedelten, und sie unterschieden sich in Sprache, kultureller Tradition, gesellschaftlicher Verfassung und Geschichte durchaus von anderen Bewohnern der Plains. Vorliegendes Buch soll diese Lücke schließen und zeichnet die Kultur und Geschichte von den erkennbaren Anfängen bis in die Gegenwart nach.

 

Rezension von Peter Bolz in der Zeitschrift Amerindian Research 2023-02:

 Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Stammesmonographie im besten Sinne des Wortes. Als Grund, sich speziell mit den Arapaho zu beschäftigen, nennt Oeser in seiner Vorbemerkung, dass diese in der populärwissenschaftlichen Literatur "weitgehend ignoriert und ins Dunkle versetzt" wurden. Der Autor verfolgt somit die Absicht, Kultur und Geschichte der Arapaho für ein deutsches Publikum anschaulich und umfassend zu erhellen.

Allein die ersten Kapitel zu Herkunft, Sprache und früher Geschichte der Arapaho sind eine Fundgrube an Detailwissen, die man jedem "Indianerfreund" ans Herz legen möchte, der noch immer glaubt, die Indianer der Prärien und Plains hätten jahrhundertelang friedlich und im Einklang mit der Natur gelebt, bis die Europäer kamen und sie aus diesem Paradies vertrieben haben. Die Realität der frühen Wanderungen und intertribalen Kämpfe um die besten Ressourcen sah jedoch ganz anders aus! Und nebenbei erfährt man noch, dass das berühmte Fort Laramie nach dem französischen Pelzjäger Jacques La Ramie benannt wurde, der 1821 dort in der Nähe von Arapaho getötet wurde.

Da zu den Arapaho glücklicherweise eine umfangreiche englischsprachige Literatur vorliegt, zu deren Autoren Klassiker wie George A. Dorsey und Alfred L. Kroeber gehören, besitzt Oeser sehr verlässliche Grundlagen zur Darstellung der sozialen Struktur, der Ökonomie und der Religion der Arapaho. Dazu sei bemerkt, dass die jeweiligen Autoren ihre Berichte auf der Grundlage der so genannten "Memory Ethnology" abgefasst haben. Das heißt, sie haben in der frühen Reservationszeit vorwiegend ältere Leute (meist Männer) nach dem "traditionellen" Leben ihrer Vorfahren befragt, um damit einen Ausschnitt aus einer Zeit festzuhalten, der vermeintlich der voreuropäischen Lebensweise dieser Menschen entsprach, bevor ihre Kultur vom Eindringen der Europäer dramatisch verändert wurde. Vor allem die Mythologie und das religiöse Brauchtum, in dessen Mittelpunkt der Sonnentanz steht (von den Arapaho als "Offerings Lodge" bezeichnet), wurde dabei in allen Einzelheiten festgehalten. Gleichzeitig wurden umfangreiche Sammlungen ihrer materiellen Kultur angelegt, die sich heute in den großen Museen für Natur- und Kulturgeschichte der USA befinden.

Den größten Raum in Oesers Monographie nimmt verständlicherweise die Geschichte der Arapaho von den ersten Begegnungen mit den weißen Einwanderern bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein. Bereits in seinem Vorwort hatte Oeser betont, dass die Arapaho keine Erinnerung an die Zeit haben, bevor sie in den Besitz von Pferden gelangten. Daher beginnt ihre früheste Geschichte erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit den Berichten der ersten Pelzhändler. Dabei durchleuchtet Oeser die Beziehungen zu den Einwanderern, die mit den USA geschlossenen Verträge und die getrennten Wege der Southern und der Northern Arapaho in ihre jeweiligen Reservationen. Dazu hat Oeser sehr anschauliche Karten beigefügt, die die historischen Ereignisse verdeutlichen.

Viele Darstellungen zur indianischen Geschichte enden mit dem Beginn des Reservationsdaseins, doch dabei wird vergessen, dass die Reservationszeit inzwischen mehr als 150 Jahre andauert, länger als die so "abenteuerlichen" kriegerischen Auseinandersetzungen auf den Plains. Und jede Reservation besitzt ihre eigene, unverwechselbare Geschichte, so auch die der beiden getrennten Arapaho-Gruppen, die von Bisonjägern zu Landwirtschaft betreibenden Farmern umerzogen werden sollten. Diese strikten ökonomischen Veränderungen führten zu einer Protesthaltung, die sich um 1890 im Geistertanz entlud. Die Northern Arapaho, die sich gemeinsam mit den Shoshone auf der Wind River Reservation in Wyoming ansiedelten, gerieten in Fragen der Landaufteilung mit ihrem Nachbarstamm in Konflikt, während die Southern Arapaho in Oklahoma das Problem der Auflösung ihrer Reservation im "Indian Territory" zu bewältigen hatten.

All diese gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen schildert Oeser sehr detailliert, wobei der Zweite Weltkrieg nochmals entscheidende Veränderungen mit sich brachte. Der Vergleich zwischen Southern und Northern Arapaho zeigt, dass die traditionellen Aktivitäten in Oklahoma weitgehend verschwunden sind und sich lediglich noch auf Powwows beschränken. Daher reisen viele traditionell orientierte Arapaho im Sommer auf die Wind River Reservation, um am Sonnentanz ("Offerings Lodge") der Northern Arapaho teilzunehmen, der seit der "Retraditionalisierung" von religiösen Zeremonien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen steten Zulauf zu verzeichnen hat. Oeser hat mit seinem Buch eine sehr detailreiche und trotzdem gut lesbare und verständliche Stammesmonographie vorgelegt, die die weit verstreuten amerikanischen Quellen übersichtlich zusammenfasst und damit für deutsche Leser auf vorbildliche Weise zugänglich macht.

 

Rezension von Dietmar Kügler in der Zeitschrift Magazin für Amerikanistik 4/2022:

Die Arapaho-Indianer standen immer ein wenig im Schatten der Cheyenne, ihrer großen Verbündeten. Sehr richtig schreibt der Autor dieser lange überfälligen Studie: Die Arapaho sind eine jener nordamerikanischen Ethnien der High Plains, deren Lebensweise von der Bisonjagd bestimmt war, als sie um 1800 erstmals mit den Europäern in Kontakt kamen. Die populärwissenschaftliche Literatur hat die Arapaho jedoch weitgehend ignoriert und ins Dunkle versetzt. Selten werden sie als eigenständige Ethnie berücksichtigt und meist nur im Dreigespann der "Lakota, Cheyenne und Arapaho" erwähnt.

Das trifft zumindest auf die deutschsprachige Literatur über die Ureinwohner Nordamerikas zu, während einige englischsprachige Werke die durchaus bemerkenswerten Seiten ihrer Kultur und Geschichte zeigen, denn die Arapaho gehörten zu den ersten Stämmen, die als Bisonjäger in die Plains übersiedelten, und sie unterschieden sich in Sprache, kultureller Tradition, gesellschaftlicher Verfassung und Geschichte durchaus von anderen Bewohnern der Plains.

Rudolf Oeser hat sich in den letzten Jahren als Kenner der Plainsindianerkultur einen Namen gemacht. Schon der strukturelle Aufbau seines Buches zeigt eine sorgfältige Beschäftigung mit dem Thema und sein Bemühen, der immer wieder übersehenen Bedeutung der Arapaho entgegenzutreten und ihren Beitrag zur Plainskultur Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Dieses nun vorliegende Buch soll die entstandenen Lücken schließen. Es zeichnet die Kultur und Geschichte von den erkennbaren Anfängen bis in die Gegenwart nach.

Die wenigsten Menschen, die durch den Norden Wyomings reisen und die Wind River Reservation streifen wissen, dass nicht nur die Shoshone ihre Heimat haben, sondern dass die Arapaho mehr oder weniger als "Verlegenheitslösung" mit untergebracht wurden. Eine Ungerechtigkeit, die nie wieder gut gemacht wurden.

Von der Schöpfungsgeschichte bis ins 20. Jahrhundert hat Oeser den Weg der Arapaho penibel dokumentiert. Er hat eine hervorragende Arbeit geschaffen, die man nur mit Gewinn lesen kann. Eines der besten Indianerbücher seit Jahren. Sehr empfehlenswert!

Siegfried Jahn und Rudolf Oeser:
Indianer Nordamerikas auf historischen Postkarten.

Passage-Verlag, Holbein-Straße 28 B, Leipzig, 2018.
264 Seiten, € 39,95 ISBN 978-3954150717

 

Die Kultur und Geschichte der Indianer Nordamerikas wird in diesem Buch anhand von über 700 Ansichtskarten gezeigt und mit Texten beschrieben. Im "Goldenen Zeitalter" der Ansichtskarte zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Deutschland ein Zentrum der Postkartenproduktion. Jährlich wurden über 20 000 Tonnen gedruckte Postkarten in die Vereinigten Staaten geliefert, darunter eine Vielzahl mit Indianermotiven. Die oft seltenen, sonst nirgends publizierten Motive wurden rasch zu begehrten Sammlerobjekten und blieben auf diese Weise bis in die Gegenwart erhalten. Sie vermitteln uns einen Einblick in die Vielfalt der indianischen Kulturen Nordamerikas.

 

Rezension von Dietmar Kügler in der Zeitschrift Magazin für Amerikanistik 4/2018: 

Es gibt Bücher von denen man gelegentlich träumt, von denen man aber annimmt, daß sie niemals erscheinen. Manchmal jedoch werden solche Träume wahr, und dann erscheint ein derartig besonderes Buch. So wie in diesem Fall

Das vorliegende Werk aus der Feder von zwei leidenschaftlichen Fachkennern ist eine wahre Pracht. Schon das Durchblättern macht geradezu atemlos.

"Indianer" waren immer ein ungemein populäres Thema in Deutschland. Besonders vom 19. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre hinein. Ab dann gab es immer mal wieder "Wellen" von unterschiedlicher Intensität. Bilder von Indianern waren daher immer gefragt. Sie lösten Träume aus. Von einem freien Leben auf weiten Prärien. Von Nächten am Lagerfeuer unter einem gewaltigen Sternenhimmel. Sie vermittelten Romantik und Abenteuer. Die Wirkung solcher Bilder ist noch immer nicht verblaßt.

Auch in den USA waren Postkarten mit indianischen Motiven gesucht. Vor allem zur Zeit der großen Wild West Shows, von Buffalo Bill über Pawnee Bill bis zur 101 Ranch Real Wild West - sie und viele andere tourten mit echten Indianern durch Nordamerika, Kanada und den Rest der Welt. Das war zu einer Zeit, als man auch in den USA überzeugt war, daß die Indianervölker untergehen würden. Fotopostkarten, häufig damals noch handkoloriert, gehörten zum Marketing dieser Shows. Millionen von Besuchern nahmen sich die bunten Bildchen mit nach Hause - in Zeiten vor Film und Fernsehen das einzige Medium, das die exotischen Gestalten aus dem Fernen Westen konservieren konnte.

Was den vielen Käufern vermutlich gar nicht so bewußt war - die allermeisten dieser Postkarten waren in Deutschland gedruckt worden. Deutschland war in jener Zeit führend in der Druckindustrie. Das Land von Johannes Gutenberg beherrschte diesen Markt nahezu weltweit. Amerika lag diesbezüglich technisch weit zurück. Deutschland spielte in diesem Zusammenhang damals eine Rolle wie heute asiatische Herstellungsbetriebe. Jährlich wurden über 20.000 Tonnen Bildpostkarten in die USA geliefert. Der Rezensent selbst erinnert sich, als er vor rd. 40 Jahren erstmals Original-Postkarten der Buffalo Bill Show in die Finger bekam, daß er von dem Aufdruck "Made in Germany" irritiert war.

Siegfried Jahn ist vor allem als Kenner der östlichen Indianervölker bekannt geworden. Für dieses Buch hat er seine Schatztruhe geöffnet. Was dieser Band bietet, ist nur ein kleiner Teil seiner gesamten Sammlung. Es ist eine absolut grandiose Dokumentation in vielfacher Hinsicht. Da ist einmal die Geschichte der Bildpostkarte im Allgemeinen. Da ist die Geschichte der Druckindustrie. Da ist die Geschichte der Völkerschauen und frühen Wild West Shows. Und da sind die Postkarten als frühe fotografische Zeugnisse der Indianerkulturen, die - zumindest teilweise - heute sogar wissenschaftlich-völkerkundliche Bedeutung haben.

Dieses Buch ist nicht nur eine visuelle Freude, sondern ein kulturelles Denkmal. Es ist die Bewahrung eines physischen und geistigen Erbes von zeitlosem Wert. Eine dauerhafte Konservierung von Wissen. Und damit ist es ein Musterbeispiel für das, was ein Fachbuch sein sollte.

Der Anspruch der Autoren an sich selbst war offensichtlich hoch. Die Struktur des Werkes ist überzeugend, wie schon die Kapitelüberschriften belegen:

- Postkarten und ihre Geschichte / Fotografie und Drucktechnik / Deutschland als ein Zentrum der Ansichtskartenproduktion - Indianerkriege und Vertreibung - Familienleben der Indianer, Frauen und Kinder, Leben in Tipis, Brauchtum, Kunsthandwerk, Jagd und Nahrungszubereitung, religiöses Brauchtum, Tänze und Bestattung, Dorfleben und Totempfähle - Indianerstämme: Abenaki, Micmac, Maliseet, Iroquois, Menominee, Ojibwa, Ottawa, Potawatomi, Sauk und Fox, Seminole, Cherokee, Sarcee, Assiniboin und Stoney, Blackfoot, Cheyenne und Arapaho, Crow, Gros Ventres, Plains Cree, Sioux (Dakota und Lakota, Häuptling Sitting Bull), Comanche und Kiowa, Osage, Kansa / Kaw, Oto, Ponca, Pawnee, Nez Percé, Cayuse, Yakima, Umatilla und Kalispel, Flathead, Spokane, Shoshone, Paiute, Ute, Maricopa, Mojave, Havasupai, Walapai, Pima und Papago, Apache, Navajo - Neue Zeiten - Das 20. Jahrhundert: Indianer-Musiker, Souvernirherstellung für Touristen, Schaudörfer, Musa Isle Indian Village, Tropical Hobbyland, Indianer in Tierpark, Zirkus und Ausstellungen, Buffalo Bill's Wild West, Zirkusaufführungen und "Völkerschauen"

Dieses Werk ist eines der schönsten und inhaltsreichsten populären Indianerbücher, die in den letzten Jahren in Deutschland erschienen sind. Eine grandiose Leistung der Autoren, aber auch eine bewundernswerte Leistung des Verlags - so ein aufwändiges Buch zu produzieren ist angesichts der Zustände auf dem heutigen Buchmarkt aller Anerkennung wert.

Dieses Buch sollte Erfolg haben. Es ist in jeder Beziehung verdient. Der Kauf ist höchst empfehlenswert.

 

Rezension von Monika Seiller in der Zeitschrift Coyote Nr. 118 - 2019: 

Während heute Postkarten meist als Werbeträger oder Veranstaltungsinfos, aber auch als gelegentlicher Urlaubgruß präsent sind, waren sie in Zeiten vor Internet und SMS nicht nur ein wichtiges Kommunikationsmittel, sondern auch seit Anbeginn ein Sammlerobjekt, das mitunter ganze Sammelalben füllte – zumeist mit einem Themenschwerpunkt. Siegfried Jahn hat sich auf "Indianerpostkarten" spezialisiert. 700 seiner Sammlerobjekte hat der ehemalige Buchhändler aus Leipzig im prächtigen Band „Indianer Nordamerikas auf historischen Postkarten“ veröffentlicht, den er zusammen mit dem Zwickauer Historiker Rudolf Oeser, Mitherausgeber der „Amerindian Research“ verfasste.  

Neben einer Einführung in die Geschichte der Postkarten und deren Herstellung untergliedern sich die einzelnen Kapitel nach Kulturkreisen bzw. Regionen wie etwa Nordwestküste, Plains oder Subarktis. Ein eigenes abschließendes Kapitel widmet sich dem 20. Jahrhundert mit seinen Ausstellungen, Wild-West-Touren und "Völkerschauen", aber auch der gezielten Produktion von Postkarten als Souvenirs.  

Einführend erläutern die Autoren die technische Entstehungsgeschichte der Postkarte und deren wachsende Verbreitung, die manch kuriose Blüten trieb. Wer hätte schon gewusst, dass selbst "Indianerpostkarten" für den amerikanischen Markt in Deutschland produziert wurden, die dann wiederum von Reisenden in den USA gekauft und nach Europa versandt wurden. Mit der technischen Weiterentwicklung und Vereinfachung der Druckverfahren wuchs der Markt rasch bis zu seinem Höhepunkt um 1900. Befördert wurden das Interesse und der Verkauf von Postkarten durch die Vielzahl an Auswanderern in die USA, die mittels Postkarten den Kontakt zur alten Heimat und Familie hielten – oder sich gar noch in Europa vor der Auswanderung ein erstes Bild ihrer künftigen Heimat verschafften. Zudem wuchs mit dem technischen Fortschritt und moderneren Verkehrsmitteln auch die Zahl der Reisenden in den USA, die vor der Erfindung von Selfies die Postkarten auch als Souvenir mit nach Hause brachten. Die Einführung in die Geschichte der Postkarte ist knapp, aber informativ gehalten und erlaubt manche interessanten Einblicke.  

Jahns Postkartensammlung beeindruckt nicht nur mit der schieren Zahl und Opulenz, sondern überrascht durch ihr breites Spektrum, das eben nicht nur mit den üblichen Häuptlingsdarstellungen und "Prärie-Idylle" aufwartet, sondern geradezu eine ethnologische Gesamtschau der indianischen Kulturen in all ihren Facetten bietet. Sicherlich ist auch die Begeisterung für diese Postkarten Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts auf das Interesse an der "Vanishing Race" zurückzuführen, da der Betrachter bzw. Käufer schon damals ahnte, dass die dargestellten Kulturen bereits vielfach der Vergangenheit geweiht waren und bald großen Umwälzungen ausgesetzt sein würden. Ganze Postkartenreihen thematisierten die "Letzten ihres Volkes“. Ethnologen wie Franz Boas, der sich früh gegen den Rassismus in den USA wandte, oder auch Photographen wie Curtis oder Edison waren sich bewusst, dass sie das Erbe dieser Kulturen bewahren mussten, bevor sie der Dominanz der amerikanischen (oder auch kanadischen) Gesellschaft zum Opfer fallen würden. Viele ihrer Photographien wurden – neben Reproduktionen von Zeichnungen – als Postkarten gedruckt und fanden großen Anklang.  

Tatsächlich sind die abgebildeten Postkarten von hohem historischem Wert, denn so widmen sich ganze Serien Alltagsgegenständen, Behausungsformen, Bekleidung, Brauchtum oder Handwerkskunst bis hin zum Familien- oder Sozialleben oder zeremoniellen Festen und Tänzen und bieten damit einen umfassenden Einblick in den Alltag der indigenen Völker und Kulturen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts.  

Zugleich unterziehen die Autoren die Darstellung "der Indianer" einem kritischen Blick, denn natürlich waren auch damals die Indigenen Projektionen und Stereotypisierung ausgesetzt, die nicht selten rassistische, mitunter auch einfach kitschige Züge annahmen, z. B. eine Postkarte mit dem Untertitel "Will you be my squaw?", der romantischen Verklärung dienten wie die zahlreichen "Hiawatha"-Postkarten oder gar der Rechtfertigung des weißen Expansionsdrangs dienten. Es gab sogar Postkarten von Little Bighorn und "Custer's Battlefield", aber auch historische Darstellungen der frühen Besiedlung bzw. Vertreibung und der ersten Indianerkriege.  

Die Kapitel zu den Kulturräumen sind in Unterabschnitte gegliedert, in den die verschiedenen Völker kurz vorgestellt werden – und auch die Provinienz der Postkarten erläutert wird. Zudem wird jede einzelne Postkarte hinsichtlich Darstellung, Entstehung und Korrektheit der Zuschreibungen oder Beschriftungen in kurzen Texten kommentiert. Häufig gab es Fehler in der Zuschreibung der jeweiligen Personen oder indigenen Völker, vor allem in der Schreibweise. Da – wie bereits anfangs erwähnt – viele der Postkarten in Deutschland für den amerikanischen Markt produziert wurden, schlichen sich immer wieder orthographische Fehler ein, da die Drucker vor einem Jahrhundert natürlich der englischen Sprache nicht mächtig waren, Namen, Völker oder Orte nicht kannten und daher falsch, schrieben.  

Ein eigenes Kapitel bildet das frühe 20. Jahrhundert, denn mit dem Tourismus entfaltete sich die Herstellung von Souvenirs und die ersten "Schaudörfer" wie das Musa Isle Indian Village (Seminolen) oder das Tropical Hobbyland entstanden. Zudem erfreuten sich Wild-West-Shows, Ausstellungen und Zirkusauftritte großer Beliebtheit, was wiederum in Postkarten vermarktet wurde.  

Leider endet damit die Darstellung der "Indianer Nordamerikas auf historischen Postkarten", denn es wäre natürlich interessant, welches Spektrum die Projektionen oder authentischen Abbildungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bzw. in der Gegenwart umfassen. Curtis-Postkarten sind in jedem modernen Antiquariat stapelweise zu finden und das 19. Jahrhundert scheint zu dominieren. Allenfalls gibt es ein paar Postkarten für Kindergeburtstage oder Esoterikkitsch und vereinzelt vielleicht auch noch ein paar Winnetou- oder besser Pierre-Brice-Fankarten bei Ebay, doch die Hochzeit der Indianer-Postkarten ist vorbei. Umso verdienstvoller ist es, dass sich die Autoren der Aufgabe angenommen haben, das breite Feld kompetent und eingehend zu präsentieren, denn es handelt sich keineswegs nur um typisch deutsche Indianerbegeisterung, sondern um einen aufschlussreichen Beitrag zur Rezeption der "Indianer".

Rudolf Oeser:
500 Indianerbiografien Nordamerikas. Eine biografische Enzyklopädie.

BoD – Books on Demand, Norderstedt, 2005.
388 S., zahlreiche Abbildungen 
ISBN 978-3-8334-4070-8 Ladenpreis: 32,00 €

 

Rezension von Dietmar Kügler in der Zeitschrift Magazin für Amerikanistik 1/2006:

2001 brachte der Autor sein Buch "300 Kurzbiografien prominenter Indianer Nordamerikas" heraus. Es wurde an dieser Stelle besprochen. Mühe und Geschick des Verfassers wurden gewürdigt.

Bei dem neuen Buch handelt es sich um eine grundlegende Überarbeitung des ersten Bandes, und – wie der Titel schon sagt – um eine bemerkenswerte Erweiterung. Neben zahlreichen s/w-Abbildungen, sind nun auch Biographien von Personen aufgenommen worden, die keine kriegerische Geschichte repräsentieren.

Grund für die vollständige Überarbeitung und Erweiterung waren kritische Anmerkungen einiger Rezensenten und Leser zum ersten Band: Wer immer sich daransetzt, eine Art "Lexikon" zu verfassen, begibt sich auf dünnes Eis. Kein Mensch allein kann alle Quellen kennen, und neben den reinen Fakten spielen bei vielen Ereignissen und Personen auch Interpretationen eine starke Rolle – kurz: tatsächliche oder vermutete Fehler sind vorprogrammiert. Sie sollten dann aber proportional zur Gesamtleistung gesehen werden.

Bei derartigen Büchern ist es nach Meinung des Rezensenten viel entscheidender, daß sich überhaupt jemand die Mühe macht, die Arbeit als solche auf sich zu nehmen. Es mag schon sein, daß sich bei 500 biografischen Skizzen fehlerhafte Daten einschleichen – das ändert aber nichts daran, daß die Arbeit an sich eine großartige Leistung darstellt und vielleicht auch motivierend auf andere wirkt, Unstimmigkeiten aufzuklären, so daß Recherchen angestellt werden, die ohne dieses Buch als Basis nie begonnen worden wären.

Dem Auto gebührt Dank und Anerkennung, daß er mit Herzblut und Mühe ein Nachschlagewerk geschaffen hat, das für jeden Indianerfreund eine nützliche, schnell zu benutzende Quelle darstellt.

 

 

 


Bitte informieren Sie sich unter www.indianerkulturen.de im Bereich "BÜCHER UND ZEITSCHRIFTEN"

oder auf der Seite www.amerindianresearch.de über die deutschsprachige Quartalszeitschrift

"AMERINDIAN RESEARCH – Zeitschrift für indianische Kulturen von Alaska bis Feuerland"

 

 

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